In diesem Video hier beschäftigen wir uns mit einem Superstar der deutschen Geschichte. Otto von Bismarck. Reichsgründer und eiserner Kanzler. Aber ist dieser Mann wirklich so super? Oder muss man ihn heute ganz anders beurteilen? Sicher ist, er ist eine der prägendsten Personen des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Aber über seine Bewertung wird noch heute heftig gestritten. Alles zum Leben, zur Persönlichkeit und zur Wirkung Bismarcks jetzt. Kein Aprilscherz.
Otto von Bismarck kommt am 1. April 1815 zur Welt. Er stammt aus einer Gutsbesitzerfamilie. Solche Leute nennt man Junker. Väterlicherseits also alter Adel, die Mutter aber stammt aus einem bürgerlichen Haushalt. An den Jahreszahlen merkt ihr vielleicht, dass Otto von Bismarck in einer sehr bewegten Zeit aufwächst. 1815, also in seinem Geburtsjahr, wird Napoleon endgültig besiegt und der Wiener Kongress gestaltet das politische Europa neu. Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wird der sogenannte Deutsche Bund gegründet. Ein Staatenbund der eigenständigen Fürsten und freien Städte in Deutschland. Den Ton geben die Großmächte Österreich und Preußen an. Mit nur 17 Jahren, 1832, beginnt Bismarck sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften. Als Mitglied des Studentenkorps Hannoverer beweist er sich als guter Fechter. Er schlägt 28 Mensuren, also traditionelle Fechtkämpfe und ist, wie er selbst sagt, immer gut davon gekommen. Er hat also gewonnen. Von den zu der Zeit aufkommenden republikanischen oder gar demokratischen Gedanken seiner Kommilitonen hält Juncker Otto von Bismarck wenig. Er ist kein freiheitsliebender und demokratischer Burschenschaftler, sondern ein konservativer, königstreuer Chorstudent. Aber das heißt keineswegs, dass er ein braver Student ist, im Gegenteil. Das Studentenleben genießt er in vollen Zügen, inklusive Wein, Weib, Gesang.
1838 stirbt seine Mutter und Otto von Bismarck bricht kurzerhand sein Studium ab, um den Familienbesitz in Pommern zu verwalten. Er gründet eine Familie, baut die Güter auf, zahlt Schulden ab, er jagt, reist, er feiert. Otto von Bismarck genießt es, sein eigener Herr zu sein. Nebenbei engagiert er sich mehr und mehr auf politischer Ebene und findet darin schließlich seine wahre Berufung. Vor der bürgerlichen Revolution von 1948-1949, in der der Ruf nach mehr Demokratie und Einheit lauter wird, macht er kommunale und regionale Politik. Sein Ziel ist es, die Vorrechte des Adels zu bewahren. Mit den Freiheitsideen der Revolutionäre kann er nichts anfangen. In den Parlamenten hält er als Verfechter der Monarchie mit strikt konservativen Reden dagegen. Und man muss sagen, Bismarck positioniert sich so konservativ und so aggressiv, dass selbst die Kreise um den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. ihn für zu extrem halten. Aber Bismarck lernt dazu. Er mäßigt seine Haltung und konzentriert sich darauf, politisch nur das anzustreben, was man auch erreichen kann. Das machbare Machen. Man nennt diese Haltung Realpolitik.
Und er ist ein sehr guter Redner. Er verfügt über diplomatisches Geschick, kann strategisch denken. Und gleichzeitig ist er sehr durchsetzungsstark und bereit, mehr zu riskieren als so manch anderer. Das zeigt sich beispielsweise 1852 in Frankfurt. Bismarck duelliert sich mit der Pistole mit einem liberalen Abgeordneten der Bundesversammlung. Dass dabei niemand verletzt wird oder stirbt, ist reine Glückssache. Als preußischer Gesandter am russischen Hof in St. Petersburg und in Paris sammelt Bismarck erfolgreich die letzten Credits, die es für ein hohes Amt braucht. 1862 ernennt ihn der König zum preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister. Es ist das Jahr, aus dem auch Bismarcks wohl berühmteste Rede stammt. Dass er für die Macht der Krone gegen Parlament und Demokratie kämpft, das wissen wir schon, haben wir schon drüber gesprochen. Aber hier offenbart sich, wie weit er dafür bereit ist zu gehen. Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden große Fragen der Zeit entschieden, sondern, sagt Bismarck, durch Eisen und Blut. Das verkündet er im preußischen Landtag. Damit ist klar, für die Vorherrschaft Preußens ist Bismarck jedes Mittel recht. Selbst ein Krieg gegen den größten Konkurrenten Österreich um die Vormacht in einem geeinten deutschen Staat.
Zur Machtprobe der beiden Big Player im Deutschen Bund kommt es dann auch tatsächlich 1866. Als sich Preußen die Herzogtümer Schleswig und Holstein gegen Österreichs Willen einverleiben will, eskaliert der Konflikt. Die Entscheidung fällt Anfang Juli bei König Krez im heutigen Tschechien. Nur ganz knapp entgeht die Armee Österreichs und ihre Verbündeten der völligen Vernichtung. Am Ende des Tages sind rund 15.000 Österreicher tot oder vermisst. Die Preußen verlieren nur rund 2.000 Mann. Bismarck sorgt dafür, dass die Verlierer einigermaßen geschont werden. Er will die deutschen Staaten, die auf Seiten Österreichs stehen, nicht verprellen. Das ist ein feiner taktischer Schachzug Bismarcks, der den Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland damit erfolgreich in seinem Sinne geregelt hat. Österreich, das jahrhundertelang dazugehörte, geht von jetzt an eigene Wege. Die Preußen wiederum setzen dieser historischen Entscheidung ein Denkmal. Und wisst ihr welches? Es ist die sehr bekannte Siegessäule in Berlin. Sie ist bis heute das zentrale Symbol für die deutsche Einigung durch Bismarck.
An ihrem Fuß ein Bronzerelief der Schlacht von König Krez. In der Mitte die vergoldeten Rohre von erbeuteten feindlichen Geschützen und an der Spitze eine Siegesgöttin, die den preußischen Adlerhelm trägt. Aber mit der anschließenden Gründung des Norddeutschen Bundes unter preußischer Führung mag noch keine echte Begeisterung für einen deutschen Nationalstaat aufkommen. Dazu verhilft erst ein Éclat zwischen Frankreich und Preußen. Es geht um die Besetzung des spanischen Throns. Bismarck schafft es, Frankreich diplomatisch so zu provozieren, dass es Preußen den Krieg erklärt. Im Kampf gegen den Feind vereinen sich die deutschen Staaten und gewinnen. Im Sog der nationalen Begeisterung hat Bismarck jetzt einfaches Spiel, die süddeutschen Staaten zum Beitritt in den Norddeutschen Bund zu bewegen. Den bayerischen König Ludwig II. kauft er regelrecht. Er bezahlt heimlich Geld für die Schlösser, die Ludwig bauen lässt. Am 18. Januar 1871 wird der preußische König als Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser ausgerufen. Das Deutsche Kaiserreich ist gegründet. In diesem Kaiserreich wird der zum Fürsten ernannte Bismarck auch Kanzler.
Außenpolitisch gelingt es ihm, ein europäisches Bündnissystem aufzubauen. Erfolgreich verhindert es, dass das Deutsche Reich angegriffen wird. Der Clou ist dabei, dass Frankreich möglichst isoliert wird und dass Deutschland keine weiteren Ansprüche geltend macht. Auch an Kolonialbesitz legen die Deutschen unter Bismarck ordentlich zu, vor allem in Afrika und Südostasien. Über die deutsche Kolonialgeschichte und die Verbrechen, die dort geschahen, haben wir auch schon mal ein Video gemacht. Das findet ihr oben auf dem i und unten in der Infobox. Schaut da gerne mal rein. Und auch innenpolitisch will der Regierungschef das Erreichte sichern und Frieden wahren. Und das macht er, ihr ahnt es, auf typisch bismarckische Art. Alle, die dem neuen Reich und dem preußischen Vorrang skeptisch gegenüberstehen, werden bekämpft. Gegen die katholische Kirche und die Zentrumspartei führt der Kanzler den sogenannten Kulturkampf. Er schränkt ihren Einfluss auf das politische und gesellschaftliche Leben mithilfe verschiedener Gesetze maßgeblich ein. Gegen die Sozialdemokraten und die Arbeitervereinigungen erlässt er die sogenannten Sozialistengesetze. Sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Vereine sowie ihre Versammlungen und Druckschriften werden verboten. Gleichzeitig führt er eine Krankenunfall- und Rentenversicherung ein. Meilensteine auf dem Weg zum Sozialstaat, aber für ihren eigentlichen Zweck, den Sozialdemokraten die Anhänger zu nehmen, erweist er seine Politik mit Zuckerbrot und Peitsche als Flop. Trotz Verbot dürfen Sozialdemokraten wählen und gewählt werden. Und die Partei wächst unaufhaltsam. 1881 erhält die Sozialdemokratische Partei, die SPD, bei den Reichstagswahlen sechs Prozent der Stimmen. 1890 sind es schon 20 Prozent. Im neuen Reichstag von 1890 sind die Gegner Bismarcks schon in der Überzahl. Innenpolitisch ist der Kanzler quasi am Ende.
Aber den endgültigen politischen Todesstoß versetzt ihm Wilhelm II. Dieser junge Monarch will selbst regieren, will sich von einem alten Mann wie Bismarck nichts vorschreiben lassen. Im März 1890 erhält er seine Entlassungsurkunde. Der zerknirschte Bismarck zieht sich daraufhin auf seinen Landshit Friedrichsruh bei Hamburg zurück. Noch acht Jahre wird er dort leben. Sein Abschied wird als Ende einer Ära empfunden, auch im Ausland. Der Lotse geht von Bord, schreibt und zeichnet die englische Zeitschrift Punch in einer berühmt gewordenen Karikatur. Unter den Deutschen entwickelt sich übrigens nach seiner Entlassung ein regelrechter Kult um den Reichsgründer. Am 1. April 1895, also zu seinem 80. Geburtstag, ernennen ihn mehr als 450 Städte zum Ehrenbürger. 450.000 Menschen schreiben ihm Gratulationsbriefe. In den kommenden Jahren werden mehr als 500 Denkmäler aufgestellt. Und heute? Heute schauen wir etwas zwiespältiger auf den konservativen Politiker, der in seiner Ära Gegensätzliches vereinte. Er vereinigt die Deutschen in einem Nationalstaat, aber er trennt sie durch seine Politik, die sich immer gegen irgendwelche Feinde richtet. Er führt Krieg und sorgt sich dann um den Frieden.
Was meint ihr? Wie ist Otto von Bismarck zu bewerten? Schreibt es gerne unten in die Kommentare. Hier neben mir findet ihr noch ein Video dazu, wie modern das deutsche Kaiserreich war oder vielleicht noch nicht gewesen ist. Und direkt darunter ein Video von Terra X zum 19. Jahrhundert. Danke fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.