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@linse
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Hirschtalg is the only Drug.

"Mammutmarsch 2016, 100 km in 24h, zu Fuss." Zwei Menschen in meiner Timeline schrieben darüber und ich schrieb "Das klingt nach einer Herausforderung, soll ich ja klicken?". Jaaa. Klick. Was hab ich mir da eingebrockt?

Bei der ersten Trainingswanderung im Regen mit der Berliner Twitterin @Mirabellensaft schafften wir 14 km, und dann wollte ihr Rücken nicht mehr. Sie schrieb mir nach einem Gang zum Arzt, dass sie den Marsch nicht antreten könne. Mir tat das wahnsinnig leid, durch ihre und @Mamsellchaos verrueckte Idee war ich ja darauf gekommen.

Ich hatte nun aber Blut geleckt, ich wandere wirklich gern, und trotz Regen war das Umland toll gewesen! Im Internet fand ich dann die Trainingswanderungen von Carola und iher Gruppe "earnyourbacon". Meine Rettung. :-D Und die waren schon voll im Training! Puh. Ich klinkte mich für die nächste Wanderung ein, und es war super mit der riesigen Gruppe über den Teufelsberg und durchs Umland zu fegen. Durch die große Gruppe war jedes Tempo vertreten. 45 km war allerdings eine Ansage. Am Ende ging ich im Schneckentempo "weil die Landschaft so schoen ist" und die Hose scheuerte.

Ich fing an, Freunden und Kollegen von dem Marsch zu erzaehlen. Drei Personen sagten direkt: Du wirst es machen. <3 Der beste Mentor den ich je hatte (+Outdoorfreak aus Colorado), meine Teamkollegin, und mein Freund.

Bei den folgenden Trainingswanderungen steigerten wir uns auf 50 und 55 km und ich experimentierte mit Musik, Hörbüchern und Gespräch vs. Stille und lernte tolle Leute kennen. Ich hatte auch einige Alleinwanderungen und ging nach den 50 km noch mal 20 + 20 an den folgenden Tagen ueber Ostern in der Uckermark. Den langen Lauf über 60 km verpasste ich wegen einer Dienstreise nach Brooklyn. Noch 2 Wochen Jetlag kurieren bis zum Marsch. Ich war in Gruppe 4 mit Team "earnyourbacon" und Mirabellensaft war in Gruppe 8 mit Team "Humpelstilzchen" gemeldet. Hut ab vor soviel Courage.

Dann war auch noch Regen angesagt. Meine Regenjacke ist eine Radjacke - ohne Kapuze, da ist ja der Helm. Am Vorabend nähe ich mir noch schnell eine Kapuze aus einer alten Jacke. Am Tag des Marsches versuche ich so lange wie möglich zu schlafen. Dann mache ich mir ein Leibgericht: Omurice (japanisches Reis-Omelette) in Blockform. Bin dann spät dran und verpasse die Bahn, und habe mich auch noch um eine Stunde vertan. Oh Gott. :-D 45 min vor Start komme ich in Erkner an, und nicht wie geplant 2h vorher. Hupp hupp die Futterbeutel abgeben und auf zur Gruppe. Noch ein Foto und dann geht's schon los!

Die Startmusik ist mir viel zu schwuelstig, ich muss kichern. Ich treffe ein paar Maedels aus der Schweiz. Hut ab, internationale Gaeste! Dann unterhalte ich mich mit zwei Kletterern aus der earnyourbacon-Startgruppe ueber Klettern, mentale Vorbereitung auf den Marsch (bei mir das Buch "100km bis zum naechsten Bier"), und Kanada und warte sehnsuechtig auf die Mueggelsee-Toiletten. Und schwupps, sind wir auch schon am Strandbad Mueggelsee, dem ersten Verpflegungspunkt. Wirklich hungrig bin ich nicht, da ich mir schon einen Clif-Bar reingezogen habe und vor dem Start mein erstes Omelette-Paket. Es ist etwas chaotisch und sehr windig, ich finde aber Miri und Andreas und ihre Truppe auf einer Bank und versuche, mein Isodrink-Pulver ohne wegfliegen in meine Flasche zu bekommen. Eine Banane, ein Milchbroetchen, und weiter geht's. Ich freue mich auch noch Carola und Carsten zu sehen, verliere sie aber im Gedraenge wieder.

Dann geht es ueber staubige Wege in den Sonnenuntergang, neben einer S-Bahn-Strecke. Es lichtet sich langsam, und ich ueberhole und werde ueberholt, aber es ist nicht mehr so eng wie am Start. Der Staub brennt in Nase und Augen. Vor mir laeuft jemand mit "Hello FuckFace" Aufnaeher-Adbusting von The North Face. Super, hab das selbst schon gefaked als "Das Nord-Gesicht". Der Weg wechselt, mal Strasse, mal Staub. Ich laufe hinter einem jungen Nerd mit langen Haaren und Stoecken, den ich schon aus unserer Trainingsgruppe kenne, er hat ein gutes Tempo.

Es geht durch einen S-Bahnhof, auf der anderen Seite eine Mammut-Treppe auf der viele Leute sitzen und rasten. Km 33? Ich setze mich, ziehe meine Regenbogen-Glueckssocken aus, wasche den Staub von meinen Fuessen, creme sie ein, und ziehe frische Socken an. Wie neu! Ich sehe andere Leute bei der Fusspflege, Spruehpflaster als kuenstliche Haut, Tape. Zum Glueck bei mir noch nicht noetig, Hirschtalg is the only drug. :-D Weiter gehts. Und direkt wieder Staubpfade. Hat sich ja gelohnt, das Waschen. Hehe. Und dann geht es rechts in den Wald und wird dunkel. Ich setze meine Stirnlampe auf.

Kleine Nachtmusik.

Szenenwechsel. Oder so kommt es mir vor. Leute lagern am Rand der Strecke, und es ist nicht immer klar, ob sie rasten, oder aufgeben. Es ist dunkel, alle werden langsam und bilden eine lange Gaensemarsch-Kette auf dem schmalen Waldweg. Jeder orientiert sich an der vorangehenden Person, die Baeume stehen eng. Aber der Weg ist ein guter, platter Dreckpfad. Immer wieder gibt es Staus in der langen Kette, z.B. am Durchgang zu einer Unterfuehrung neben dem Fluss. Die ersten Leute murren rum dass es ihnen zu eng oder zu langsam ist. Ich setze meine Kopfhoerer auf und hoere "Easy" von Erobique. Bei dem Song muss ich immer lachen. :-D

Die Schlange geht weiter und windet sich auch um Ecken und ueber Lichtungen. Ich habe Spass an dieser Lichtschlange, besonders cool wenn man sich umschaut, und fange an Onionbrain - Kenophobia (Grusel-Psytrance) zu hoeren. Es ist ein bisschen freaky da man durch den Lichtkegel eine Art Tunnelblick bekommt. Wie mein Freund sagte: "You'll see ghosts." Wir kommen aus dem Wald heraus, und wieder sitzen immer wieder Leute am Rand. Manchmal liegen sie auch. Einmal rutscht mir das Herz in die Hose, als eine Person auf der Seite liegt und sich nicht ruehrt. Das sieht gar nicht gut aus. Es ist aber jemand dabei und hilft, ich suche Blickkontakt und entscheide, dass es okay ist, weiterzugehen, da die zweite Person zuversichtlich schaut. Aber einfach ist diese Entscheidung nicht. Puh.

Nach einem wunderschoenen Stueck im Mondlicht auf einer weiten Dorfstrasse zu dem ich tibetanisches Throat-Singing hoere (HAMMER sag ich euch), merke ich, dass es echt kalt ist. Und ich in kurzer Hose. Hab aber keinen Bock die langen Socken jetzt anzuziehen, vom Laufen ist mir warm. Ich haue mir also am laufenden Band Clif Bars und Isodrink rein. :D Und dann laeuft vor mir auf einmal ein langbeiniger Herr mit Stoecken und Ruecklicht an der Kopflampe, der exakt meinen Schritt drauf hat! Wow! Ich klinke mich hinter ihn und wir haben einen hervorragenden Run, ohne dass er weiss, dass ich da bin. Wir ueberholen gefuehlte hundert Leute, es fuehlt sich an wie Tanzen! Ich loope durch mehrere Kumbia-Elektro-Mixe von Nicola Cruz und Luzmila Carpio, das geht also einige Stunden so. Sehr schoene Nachtmusik fuer den Wald.

Und kaum habe ich meinen letzten Clif-Bar gefuttert: Der zweite Verpflegungspunkt. Mit dem Super-Schreiter stellen wir uns direkt an der ersten Schlange an, weil wir denken, da gibt's die Fressbeutel. Stattdessen fragt der Herr "Wollt ihr abbrechen?" und mein Vorgaenger darauf nur "Oh gott, nein bloss nicht! Ich moechte Verpflegung." und wir muessen lachen. Irgendwie eher partymaessig, Techno, Tische, Baenke, Fressbeutel geholt. Neuen Isodrink gemixt und mein zweites Omurice gegessen. Eiseskaelte, 6 Grad? Auf zum Dixiklo. Auf dem Rueckweg treffe ich dann noch Melanie, sage hallo, aber blende sie voll mit meiner Stirnlampe, ups! Sorry nochmal. Insgesamt komisches Feeling am Verpflegungspunkt, eher Volksfestcharakter anstatt Koerperversorgung. Leute schreien herum "die soll da hinkommen mit ihrer Kaaaarte wenn sie abbrechen will" und andere skurrile Szenen.

Ich gehe wieder los und treffe direkt einen neuen Gefaehrten. Ich unterhalte mich laengere Zeit mit dem Berliner Wanderer, der mit Sport-Scheck-Wanderungen angefangen hat und sich trotz eines Knieleidens durchbeisst. Und mir erzaehlt, wie seine Frau zum ersten mal schwanger wurde, sie fuer vier Wochen supergluecklich waren - und sie dann die Diagnose Krebs bekommen hat. Er erzaehlte mir den ganzen Kampf, wie seine Frau den Krebs besiegt hat, dadurch aber das Kind verloren hat, waehrend um sie herum ueberall Kinder geboren wurden, und wie sie das zusammen alles durchgestanden haben. Eine Geschichte die mir sehr nahe gegangen ist, und ein ganz toller Gespraechspartner. Wir laufen noch lange zusammen, bis ich bei einer Muedigkeitswelle Musik hoeren muss und wir uns "verabschieden" zum stummen zusammenlaufen.

Peripetie.

Und ploetzlich steht da ein Typ am Horizont an der Strasse. Als ich ihn erreiche, frage ich "weisst du den Weg?". Er sagt "Deswegen bin ich ja hier. Alles gut? Hier rein und da leuchte die Lampe, dahinter auf den Sportplatz.". Ok, super, ich biege also dort ein und gehe direkt auf die Reihe von Dixiklos. Und dann frage ich verwirrt herum ob das der Verpflegungspunkt Rehberge ist, da ich niemenden essen sehe. Alle sitzen missmutig herum. Ich werde zu meinem Futtersack geleitet. Dann setze ich mich erstmal, wasche meine Fuesse. Und packe mein Essen in den Rucksack. Hinter mir sitzen flaxende Schweden. So richtig hungrig bin ich noch gar nicht. Aber ich habe jetzt mein Fruehstueck, inklusive einer Thermoskanne Kaffee! Jetzt kann mich nix mehr aufhalten! Frischen Hirschtalg, frische Socken, Schuhe wieder an. Ich gehe in Richtung Wasserpunkt. Unterwegs treffe eine grosse earnyourbacon-Gruppe, die auch sitzt und ratlos ausschaut. Ich frage sie wie es geht und ob sie weiterlaufen oder aufhoeren wollen. Sie sagen sie hoeren auf. Ich will sie ermutigen und sage, das ist bestimmt nur die Nacht und kalt und so, seid ihr euch sicher? Da sagen sie, der Marsch sei abgebrochen. Ich bin total ueberrascht, kann es gar nicht fassen, ich war doch quasi bereit zum Weitergehen! Ich frage wo es weiter geht, und jemand deutet in Richtung Wasserstelle.

Verwirrt gehe ich erstmal zur Wasserstelle, fuelle meinen Isodrink nach und ueberlege. Dann faengt es auch noch an zu regnen. Gut, dass hier ein Zelt ist. An der Wasserstelle ist eine Helferin, die ich schon aus dem Training kenne. Ich frage sie, ob man wirklich nicht mehr weiterlaufen kann. Sie sagt, ab und zu laufen schon noch Leute weiter. Da kommt der Wunder-Wanderer mit dem magischen Schrittempo. Ich quatsche ihn an, und frage ob er weiterlaufen will. Noch 40 km, unklar ob der letzte Posten mit unserem Essen noch da ist und ob es nochmal Wasser gibt. Er sagt, das sei ihm zu viel Risiko. Die Helferin sagt, da vorn das Maedel mit dem Zopf will weiterlaufen. Ich quatsche sie an, aber sie will noch auf Freunde warten und das entscheiden. Ich hab doch jetzt gar nichts zu tun fuer das Wochenende. Es geht mir gut. Aber allein ist das echt heikel ohne Infrastruktur. Ich hab eine Rettungsdecke, Muetze, Handschuhe, eine Lampe die 140 Stunden geht, und 3 Tage Handyakku. Und 20 Jahre Fahrtenerfahrung. Ich hab genug Essen und kann wenn ich will 3l Wasser aufnehmen, und hab noch nen halben Liter Kaffee und nen halben Liter Milch. Und es geht mir gut. Schwierig. Eine Sekunde hadere ich und sage tatsaechlich "Puh. Dann fahre ich wohl auch nach Hause, wenn keiner weiter geht." Ich habe diesen Satz wirklich gesagt. Aber es nicht gemacht.

Denn dann kommt so ein kleiner, frecher Typ und sagt "ich geh weiter, aus Trotz." :-D Ich frage ihn ob wir zusammen gehen wollen. Es gibt noch eine dramatische Szene, weil mein neuer Mitwanderer auf die Frage eines Menschen am Rand "brauchen wir einen Krankenwagen?" laut "Krankenwagen gebraucht, hier" ruft, um zu helfen. Worueber sich die Leute am Boden tierisch aufregen "ey nee, doch nicht, der ist gerade wieder aufgewacht". Die Nerven sind wohl ueberall etwas angespannt. Wir sagen irgendwas beschwichtigendes, wollten ja helfen, und gehen schnell weiter.

Nichts was sich lohnt ist einfach.

Wir gehen los, orientieren uns, es wird sogar schon wieder ein bisschen heller, bilde ich mir ein. Schnell wird klar, dass ich schneller laufe als mein neuer Gefaehrte, und er sich noch nicht so sicher ist wie weit er noch gehen mag. Er telefoniert mit seinem Kumpel um die Lage zu besprechen. Am Horizont sehe ich zwei Jungs. Mein Gefaehrte moechte lieber langsam gehen, und sagt, dass ich ruhig vorgehen koenne, er habe ja Telefon. Ich wandere also den beiden Menschen am Horizont entgegen.

Mit denen habe ich dann eine ganz gute Zeit, sie haben ihren dritten Mann zurueckgelassen und haben vor zum Ziel zu gehen. Ein baertiger und ein nicht-baertiger. :-D Wir unterhielten uns ueber die Gesamtsituation und raetselten, wie viele Wanderer wohl noch weiter laufen. Unterwegs trafen wir dann noch Michael und Gabi. Beide sind erfahrene Marathonlaeufer, eine Altersklasse ueber uns. Cool. Kommt mit uns. Zusammen schlugen wir uns durch die Morgendaemmerung ueber verschiedenstes Gelaende. Ich bot zur Motivation meinen Kaffee an, und da sagte einer der Jungs, er habe in der Nacht schon mit jemandem Espresso getrunken aus einer Thermoskanne. Michael dreht sich um und sagt "das war ich". :-D An einer groesseren Strasse trafen wir einen Van mit vielen rastenden Leuten. Das war wenn ich das richtig verstanden habe die Laufgruppe von Gabi und irgendwie gab es da auch Stress und wurde lauter. Michael und ich sind dann schon mal vorgegangen. Um ein Haar waeren wir dabei am Waldwesen Julia im Tarnponcho vorbeigelaufen. Ich habe tatsaechlich ueberrascht gerufen "Huch, da ist ja noch jemand!" weil sie so top getarnt in der Vegetation rastete.

Irgendwann liefen wir auf einem schoenen Waldweg und links kam eine Bruecke. Wir liefen vorbei, und da kam eine andere, blitzschnelle und fit wie ein Turnschuh aussehende Wanderin an und wir checkten dass wir ueber die Bruecke muessen. Und da war er! Der letzte Verpflegungspunkt, Buckow. Er war tatsaechlich noch da.

Zusammen mit der anderen Wanderin liefen wir dort ein und wurden wirklich herzerwaermend aufgenommen, mehrere Leute klatschten und fuehrten uns sofort ins Haus, zu Sitzgelegenheiten und brachten uns Essen und Wasser. Tausend dank an Adam und die anderen von diesem Posten in Buckow, ihr habt uns wirklich wieder aufgebaut. Gabi und ich hatten beide Muesli im Beutel und fruehstueckten ausgiebig, ich trank auch eine Tasse Kaffee, ging auf ein richtiges WC, es war ein Traum. Zusammen mit der fitten Wanderin sinnierten wir ueber einen weiteren Sockenwechsel, sie bot mir sogar Socken als Geschenk an und auch eine Tomate, ich entschied mich aber trotz Steinchen im Schuh dafuer, besser nicht in die Schuhe hineinzugucken und das jetzt "einfach" (haha) durchzuhalten.

Und dann ging es wieder weiter. Die Maenner waren schon vorgegangen, aber irgendwie liefen wir wohl aneinander vorbei. Die letzten 20 km waren hart. Ich hatte gehoert, bei 85 km kommt der Mann mit dem Hammer fuer die 100er, aber da ging es sogar noch. Danach wurde es aber immer schlimmer. Noch dazu kehrte Gabi gedanklich mehrfach zum Stress mit ihrer Laufgruppe zurueck, die wir auf der Strecke selbst oder in Form ihres Versorgungsvans immer wieder trafen. Fuer mich schwer nachzuvollziehen aber ich steck' ja nicht drin. Man kaempft bei einer Grenzerfahrung meiner Meinung nach nur gegen sich selbst, und niemals gegen andere. Hab ich jedenfalls nicht vor. Alle die ich unterwegs getroffen habe, haben mir irgendwie geholfen, nehme ich in meinem Herzen mit ins Ziel. :-D

Wir trafen einen Herrn der seinem Enkel entgegenlief mit kalten Getraenken und uns Mut machte. Wir schleppten uns weiter. Ab km 90 kam uns zum Glueck Gabi's Mann mit dem Rad entgegen, hat uns die Rucksaecke abgenommen und uns gut zugeredet. Gabi war gestolpert und ich hatte vorgeschlagen eine ganz kurze Pause zu machen, zur Sicherheit, und da kam er ums Eck. Die fitte Wanderin hatte sich schlauerweise schon vorher in Neuhardenberg abholen lassen. Die letzten km waren dann wirklich nur Asphalt an der Bundesstrasse und jeder Kilometer ein Kampf. Am Ortsschild Gusow machten wir Fotos, ich hatte aber MEGA-Beinkribbeln und konnte nicht stillstehen. Weiter ueber den gnadenlosen Asphalt. Zwischendurch zog Gabi mich an einem Tuch hinter sich her, ich redete gut Gabi zu, ich hoerte den "Easy"-Song in Dauerschleife ohne Erfolg, und Gabi's Mann redete uns beiden gut zu. :-D Es war nicht Easy, egal wie oft ich den Song hoerte. Dann hab ich uns auch noch nen halben Kilometer auf einem leichten Umweg gefuehrt da ich gar nix mehr konnte und mein GPS nur noch einen Strich ohne Kartenkacheln zeigte, aber eine Abbiegung spaeter waren wir zum Glueck wieder auf Kurs. Ich hab ziemlich geflucht und gejammert, aber irgendwie war das hilfreich. :-D

Und dann kam die letzte Abbiegung. Puh, noch mal geradeaus soweit das Auge reicht. Hink hink. Aber dann. Der Bahnhof! Wir hatten es geschafft. Gabi war inzwischen irgendwo hinter mir und ich hab nix mehr gepeilt, musste mich unbedingt setzen. Gabi's Mann gab mir den Rucksack und ich bedankte mich mit den Worten, er habe mir den Tag gerettet. :-D War ja auch so. Hab mich gar nicht mehr richtig von Gabi verabschiedet, falls du das liest, viele Gruesse! Ich hoffe ich habe mir in der Nacht alle Namen richtig gemerkt.

Am Haltestellenhaeuschen in dem ich nun sass, sass ich neben Klaus. Der Bahnhof Gusow war ein trauriger Anblick, zusammengeklappte Baenke und Leute an einem Auto, die hin und wieder klatschten, aber irgendwie nicht fuer mich, oder hab ich's verpeilt? Bisschen trauriges Ziel, aber das entscheidende passiert eh im Kopf. Es war 1:45, ich verschickte einige Nachrichten und bekam direkt einen lieben Glueckwunschanruf von einem Freund, der bis in die Nacht am Handy mitgefiebert hatte. Er meinte ich sei ja viel zu frueh fertig! :-D

Klaus auf der Bank war ausserdem auch der Knaller und meinte, er koenne auch stehen, falls ich meine Beine hochlegen wolle, und das, nachdem er selbst den Marsch gelaufen war. Ich winkte sofort ab, und legte mich auf den Asphalt und meine Fuesse auf den Sitz, neben dem er sass. Und so unterhielten wir uns, und er sagte mir auch rechtzeitig bescheid damit wir in ruhe zum Gleis hinken koennen. Und kuemmerte sich um die Ticketsituation, und auch darum, dass ich meine Umstiege richtig plane, ich war ja nun nicht mehr taufrisch. Als erfahrener Wanderer hatte er schon einige 100er auf dem Buckel und wusste genau, wo er helfen kann. Gemeinsam mit einer kleinen Hand voll Finishern bestritten wir den Zombiewalk durch den Bahnhof Lichtenberg und Friedrichstrasse und er gab mir als alter Hase einen guten Ueberblick ueber die Langstrecken-Wanderszene. Ich eierte dann noch in Zeitlupe aus der Bahn, auch noch falscher Ausgang, ewig weit nach Hause, und in den 5. Stock, ohne Fahrstuhl. Schlief ein, wachte um 5 Uhr morgens auf und kochte Suppe. Mein Koerper kommt von diesem Energieverbrenn-Niveau auch seitdem nur langsam runter. Wirft man ein Brot rein, lacht er und will fuenf Brote. :-D

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