Created
December 2, 2011 15:14
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1. Glühwein bestellen | |
Einen Glühwein bestellen geht schon mal gar nicht. Damit sagt man, dass man | |
'ne knickrige Sau ist, keine Freunde hat oder Antialkoholiker ist, quasi das | |
Allerletzte. Also immer mindestens zehn Stück bestellen. | |
Nie vorher abzählen, wie viele Leute um einen herum stehen und dann genau | |
die Anzahl bestellen! | |
Einfach irgendeine Zahl über die Theke grölen. | |
Ganz falsch: Die Umstehenden fragen, ob sie überhaupt noch einen Glühwein | |
haben wollen. | |
Wichtige Regel: Gefragt wird nicht - saufen ist schließlich kein Spaß. | |
2. Großzügig zeigen | |
Wenn der Stoff da ist, nicht blöd rumgucken und überlegen, wem man denn | |
einen in die Hand drücken soll. Am besten die Tassen wild in der Umgebung | |
verteilen, denn nur so zeigt man seine Großzügigkeit. | |
Nur der kleinkarierte Pisser stellt sich da an. | |
3. Bezahlen und Nachbestellen | |
Wer zahlt wann welche Runde? In der Regel kommt jeder der Reihe nach dran. | |
Ganz miese Wichser saufen die ersten neun Runden an der Theke mit und wenn | |
sie an der Reihe wären, müssen sie plötzlich pissen. Der erste Besteller | |
bestimmt die Dauer des Projekts: Wenn er zwölf Glühwein bestellt, müssen | |
alle solange warten, bis zwölf Runden durch sind. Wichtig ist, dass der | |
Strom nie abreißt. | |
Also: Wenn alle noch die Hälfte im Glas haben, sofort die nächste Runde | |
ordern und das neue Glas in die Hand drücken. Was voll peinlich ist: Mit | |
zwei Tassen in der Hand an der Theke stehen. Deshalb ist Tempo angesagt beim | |
reinschütten, ist schließlich kein Kindergeburtstag. | |
4. Beschleuniger | |
Richtig fiese Schweine bestellen zwischendurch noch 'ne Runde Korn oder die | |
absolute Hölle "Meyers Bitter", eine Art grünes Schlangengift, das mit dem | |
Eiter von toten Fröschen verfeinert wurde. Hier wirds ernst. Sollte sich so | |
was andeuten, kann man bloß noch die Flucht ergreifen. | |
Merke: Glühweinsaufen auf dem Weihnachtsmarkt kann man mit etwas Planung und | |
Glück überleben; nach Meyers Bitter aber weigert sich sogar der Notarzt, | |
diese Schweinerei wiederzubeleben. | |
5. Pausen | |
Konsequent durchgezogen, bist Du normalerweise auf'm Platz um halb neun | |
stramm wie die Kesselflicker. Um diese Zeit kannst du allerdings noch nicht | |
nach Hause, wegen Verdacht auf Weichei. | |
Was also dann? Pause machen! | |
Dafür sind in der Regel zwei Sachen vorgesehen: | |
a) Bratwurstfuttern | |
Vorteil: An der Bude gibt's kein Meyers Bitter, da bist Du also 'ne zeitlang | |
sicher vor der Alkoholvergiftung. Nun sind aber die Bratwurststände auf | |
Weihnachtsmärkten immer so konzipiert, dass die Nachfrage immer größer ist | |
als das Angebot. In der Bude arbeiten auch meistens Fachkräfte, denen man | |
beim Grillen die Schuhe besohlen kann. Einzige Qualifikation: Sie können mit | |
einem Sauerstoffanteil in der Luft von unter 1% überleben. Deswegen wirken | |
sie auch so scheintot. | |
Nun sagt der Laie: "Was für'n Scheiß, das könnte man doch viel besser | |
organisieren. Zackzack kämen die Riemen übern Tresen." Falsch, die mickrigen | |
Bratwurstbuden mit den Untoten am Grill sind absichtlich so konstruiert. | |
Hier kann man Asyl beantragen von der Sauferei und je länger man auf die | |
Fettpeitsche warten muss, desto größer die Überlebenschance. | |
b) Tanzen | |
Im Vergleich zu Bratwurstfressen natürlich die schlechtere Alternative, weil | |
anstrengend und mit Frauen. | |
Aber irgendwann geht halt kein Riemen mehr rein in den Pansen und Du musst | |
in den sauren Apfel beißen. Also zack, einen Rochen von den Bänken gerissen | |
und irgendwie bescheuerte Bewegungen machen. Wenn Du Glück hast, spielt die | |
Kapelle mehr als zwei Stücke und Du kannst Dir ein paar Glühwein aus den | |
Rippen schwitzen. Hast Du Pech, kommt sofort nach dem ersten Stück der | |
Thekenmarsch und Du stehst wieder da, von wo Du gerade geflohen bist. | |
6. Sektbar | |
Eine richtig gruselige Bude, quasi die Abferkelbox auf'm Weihnachtsmarkt. | |
Hier ist es so voll und so eng, hier bleibst Du auch noch stehen, wenn's | |
eigentlich nicht mehr geht. Doch der Preis, den Du für die Stehhilfe zahlst | |
ist hoch: Du musst Sekt aus mickrigen Blumenvasen saufen. Ziemlich eklig | |
alles. | |
Wenn's keine Sektbar gibt, gibt's meist 'ne Cocktailbar: Cocktail heißt aber | |
nicht Caipirinha oder Margherita sondern Hütchen oder Wodka-O. Also | |
vorsichtig: Hier kann's ganz schnell zu Ende gehen. | |
7. Kotzen | |
Bevor Du endlich nach Hause darfst, kommt noch ein ganz wichtiger Punkt, | |
nämlich das Kotzen. Klingt zwar scheiße, du wirst aber dankbar sein, wenn | |
Dein Körper Dir dieses Geschenk bereitet. Du hast Platz für neue Bratwürste | |
und vielleicht sogar Glück, dass Du die letzten zwanzig Glühwein noch | |
erwischst, bevor sie Dein Gehirn erreicht haben. Der Profi jedenfalls kotzt | |
oft und gern. | |
8. Die Letzten | |
So jetzt wären wir auch schon bald beim Nachhause gehen. Haha. Wenn Du aber | |
den Zeitpunkt verpasst hast, und Du kommst vom Pissen oder Bratwurstkotzen | |
wieder an die Theke und es sind bloß | |
noch zwanzig Mann übrig, dann Ätsch: Arschkarte gezogen. Ab jetzt geht es um | |
so spannende Sachen wie Fass-Aussaufen (es ist immer mehr drin, als man | |
denkt) oder Absacker trinken. Wenn's ein Meyers Bitter ist, kannst Du Dir | |
gleich den Umweg über den Notarzt sparen und den Bestatter anrufen. Jeder | |
passt jetzt auf, dass keiner heimlich abhaut. Die ersten sacken einfach so | |
vor der Theke zusammen, damit sie jedenfalls nicht noch mehr saufen müssen. | |
Vorteil dieser Phase des Weihnachtsmarkts: Du musst nicht mehr extra zur | |
Toilette latschen für Pissen und Kotzen: geht jetzt alles vor Ort. | |
9. Nach Hause gehen | |
Fällt aus. Mach Dir keine Illusionen: alleine schaffst Du´s nicht mehr. | |
Taxis gibt's nicht in der Nähe, und wenn, würden sie Dich bestimmt nicht | |
mitnehmen. Deine Frau kommt nicht, um Dich zu holen, die ist froh, dass | |
dieses Wrack nicht in der Wohnung liegt und der Gestank in die Polstermöbel | |
und Gardinen zieht. Was bleibt ist... | |
10. Der Morgen danach | |
Du wirst wach von einem Zungenkuss, wie Du ihn noch nie in Deinem ganzen | |
Leben gekriegt hast. Leidenschaftlich küsst Du zurück. Dann machst Du Deine | |
verklebten Augen auf und blickst in das | |
fröhliche Gesicht des zottigen Köters von dem Glühweinfritzen. Und mit einem | |
eigenen Beitrag zum Thema Würfelhusten fängt der Tag wieder an. Dein Kopf | |
fühlt sich an wie nach einem Steckschuss. | |
Jetzt hilft nur noch: Stütz-Glühwein bis die Maschine wieder halbwegs normal | |
läuft |
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